Arme und Herzen öffnen von Pastor Düselder
„Der Mörder ist immer der Gärtner!“, so hat es Reinhard May vor über 50 Jahren gesungen. Wenn es irgendwie eng wird in der Gesellschaft, dann haben wir schnell einen Schuldigen parat. Und das ist im Zweifelsfall immer der Andere, der Fremde. Der, der nicht in mein kleines System hineinpasst. Das haben die Menschen damals in Israel auch erlebt. Die Begegnung mit dem Fremden und den Fremden kann sehr herausfordernd sein. Das geschieht nur selten mit offenen Armen und weiten Herzen. Oft löst die Begegnung Verteidigungshaltung und Abwehrreaktionen aus, gelegentlich sogar Gewalt. Und manchmal wird das Thema „Flüchtlinge“ auch zum Hauptthema bei Bundestagswahlen erkoren. Kaum eine Partei, die nicht auf diesen Zug aufspringt. Keiner spricht davon, dass die Reichen und Superreichen dieser Erde sich immer mehr in die Taschen stecken und die Ärmeren dabei auf der Strecke bleiben. Das Vermögen von Elon Musk stieg in diesem Jahr auf geschätzt 418 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das Bruttosozialprodukt des afrikanischen Staates Kenia lag 2023 bei 99 Milliarden Dollar. Allein eine schon einmal geplante Vermögenssteuer in Deutschland würde jährlich etwa 75 Milliarden Euro in unsere Staatskassen spülen. Was könnte man damit alles verändern zum Wohle der Ärmsten und Bedürftigsten. Diese explodierende Unwucht in der Verteilung der Güter dieser Erde ist eine der Hauptursachen der großen Fluchtbewegungen auf diesem Erdkreis. Genau deshalb nimmt sich die Bibel dieses Themas an. Ein Schlüssel dafür ist die Erinnerung an die eigene Erfahrung der Menschen damals. Die Israeliten werden daran erinnert, dass sie einmal selbst zu den Fremden gehörten, dass sie Sklaven waren in Ägypten und heimatlos am unteren Ende der gesellschaftlichen Hierarchie. Wie würden wir wohl damit umgehen, wenn wir mit unseren Kindern und Alten in ein fremdes Land und eine fremde Kultur fliehen müssten? Wenn wir heimatlos wären, alles, was uns lieb ist, zurücklassen müssten? Ich weiß, das ist für uns satte Westeuropäer heute gar nicht mehr vorstellbar. Aber die Urgroßeltern wissen vielleicht noch davon zu erzählen. Das „Café for Friends“ in der Glocke im Gemeindehaus am Markt ist ein solcher Anlaufpunkt für Menschen auf der Flucht. Gemeinsam mit der Stadt Nordhorn und der Landeskirche versuchen wir diesen Anlaufpunkt auch weiterhin anbieten zu können. Das geht nur mit viel Engagement, einem weiten und engagierten Herzen und vielen Spenden. Ich weiß, das ist noch keine Lösung für die vielen Fragen rund um das Thema Migration, die uns gerade in Deutschland bewegen. Und ja: Man muss nicht alle und alles gleich umarmen. Aber Gott zeigt uns einen Weg für einen gerechten Umgang mit den Fremden, die unter uns sind. Wenn wir ihn gehen, werden wir nicht nur Überraschendes erleben, sondern auch ihm selbst begegnen. Jesus sagt: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“